Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (2024)

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Inhalt

Die 12 ¾-jährige Hexe Bibi Blocksberg (Sidonie von Krosigk) soll aufgrund einer heldenhaften Tat frühzeitig die Hexenkugel auf dem Blocksberg erhalten. Während der Zeremonie unter der Leitung der Oberhexe Walpurgia (Monica Bleibtreu) bekommt Bibi die Kugel der bösen Hexe Rabia (Corinna Harfouch) übergeben. Rabia versucht daraufhin, mit allen erdenklichen Mitteln ihre Kugel zurückzugewinnen und schreckt auch nicht davor zurück, den Familienfrieden im Hause Blocksberg zu zerstören. Dies führt dazu, dass Bibi und ihre Mutter Barbara (Katja Riemann) sich zwischen Vater Bernhard (Ulrich Noethen) und der Hexerei entscheiden müssen, da erstgenannter diese für all das Unglück verantwortlich macht. Mutter und Tochter entscheiden sich, der Hexerei abzuschwören. In einem aufregenden Finale rettet Bibi zusammen mit ihrem Freund Florian (Maximilian Befort) ihre Eltern aus Rabias Händen. Am Ende siegt das Gute, Bibi und Barbara können weiter hexen und Rabia muss für ihre Taten büßen.

Kritik

Bibi Blocksberg ist die erste Realfilm-Adaption der Bibi-Blocksberg-Hörspielreihe. Hermine Huntgeburths Film knüpft ganz klar an die Hörspielproduktionen an, indem am Anfang gefeiert wird, dass Bibi zwei Kinder aus einem brennenden Hochhaus gerettet hat – dies ist der Inhalt des ersten Bibi-Blocksberg-Hörspiels. Außerdem sieht die Bibi auf der Torte, die es zur Feier der besagten Heldentat gibt, genauso aus, wie die Hörspielcover-Bibi. So gibt es augenzwinkernde intermediale Referenzen für die Zuschauenden, die Bibi aus anderen Kontexten kennen.

Bibi Blocksberg lässt sich zeitlich eindeutig einordnen: Die gezeigten Computer und Tastenhandys, die Kleidung und Rucksäcke der Kinder sowie Details der Inneneinrichtung signalisieren, dass der Film zu der Zeit spielt, in der er gedreht worden ist – also in den frühen 2000ern. Gleichzeitig ist die Hexenwelt auf dem Blocksberg ein Stück weit davon unabhängig, sie hat ihre eigenen Gesetze und eine mystische Optik. Diese Ästhetik zeigt sich einerseits durch die wallenden, schillernden Gewänder und auffallenden Kopfbedeckungen vieler Hexen und andererseits durch die Beleuchtung durch Fackeln und das nächtliche Ambiente. Der Blocksberg wirkt so fernab von der Moderne.

Der Film besticht durch eine auffallend heimelige Atmosphäre, die einerseits auf die vorherrschenden herbstlichen Farbtöne (orange, gelb, grün) zurückzuführen ist, andererseits auch mit der Familienidylle der Blocksbergs zu tun hat. Sie sind eine "kleine, glückliche" Familie, wie Rabias Kater Maribor (gesprochen von Rufus Beck) sagt. Das Ambiente verändert sich schlagartig, wenn wir uns auf Rabias Schloss Katzenstein befinden, dort wirkt es kalt und zugig und die hervorstechenden Farben sind schwarz, grau und rot. Das Rot ist hier der einzige 'Lichtblick', jedoch mit Vorsicht zu genießen, da es die Farbe des Blutes und des Teufels ist. Die farbliche Abstimmung der jeweiligen Inneneinrichtungen und die Bekleidungen der Figuren tragen also viel dazu bei, dass bestimmte Gefühle beim Zuschauenden assoziiert werden und die Handlung so unterstützt wird. So löst das blocksberg‘sche Heim positive Gefühle wie Entspannung und Geborgenheit aus, wohingegen Schloss Katzenstein eher unbehagliche wie Anspannung und Unruhe freisetzt.

Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (1)Abb. 1: Rabia auf Burg Katzenstein. Screenshot aus Bibi Blocksberg (2002). Constantin Film.

Emotionsverstärkend wirkt auch die musikalische instrumentale Untermalung des Films durch Biber Gullatz und Moritz Freise, welche oft an die jeweiligen Orte und Figuren gebunden ist und entsprechend wiederkehrend auftaucht. So beginnt und endet der Film mit einer Gartenparty der Blocksbergs, welche beide Male von derselben, schwungvollen Melodie untermalt wird. Zusätzlich gibt es in Bibi Blocksberg einige musikalische Gesangseinlagen: 'Böse Hexen', 'Rabia-Song' und 'Hexen-Rap', diese sind Ohrwürmer, die den Film immer wieder auflockern – allerdings auch dafür sorgen, dass man ihn im fortgeschrittenen Alter nicht (mehr) allzu ernst nimmt. Die Balance zwischen Ernst und Humor ist überhaupt ein wichtiges Merkmal von Bibi Blocksberg. Der Film hat sehr ernste Momente sowie spannende und gruselige, jedoch durchzieht ihn auch viel Witz und Humor, was ihn für die ganze Familie sehr unterhaltsam und kurzweilig macht. So folgt zum Beispiel auf Rabias Gesangseinlage eine unfreiwillige kalte Dusche durch einen Anwohner, der nach Ruhe verlangt. Dies zeigt ganz klar, dass der Film eben kein Musical ist, in dem es niemanden wundert oder stört, wenn plötzlich zu singen angefangen wird und es ist zudem schlicht lustig. Rabia ist überhaupt eine Figur, die nicht nur böse, sondern auch schräg und theatralisch ist, was dafür sorgt, dass der Film nie zu gruselig wird und Rabia als Schurkin eine faszinierende Persönlichkeit bleibt. Außerdem darf sie den sprechenden Kater Maribor ihr Eigen nennen, was für sich allein bereits ein Grund ist, sie nicht nur zu fürchten, sondern auch ein wenig zu beneiden.

Die Rollenverteilung innerhalb der Familie Blocksberg erscheint auf den ersten Blick klassisch: Barbara kümmert sich um den Haushalt, die Erziehung und die Hexenküche, während Bernhard arbeitet und die Familie ernährt. Beim genaueren Hinschauen wird das Ganze komplizierter: Bernhard ist als Normalsterblicher ein Außenseiter unter Hexen, weswegen seine Rolle als Ernährer für ihn identitätsstiftend zu sein scheint. Die beiden weiblichen Familienmitglieder finden ihre Identität wiederum über das Hexe-Sein, welches ihnen zudem Macht verleiht, die Bernhard mit seiner Rolle auszugleichen versucht. Diese Balance der Machtverteilung wird durch Rabias Intrigen empfindlich geschädigt. So kommt es zu dem Ultimatum, das Bernhard stellt: Er oder die Hexerei, sogar über Scheidung wird gesprochen. Beide Hexen entscheiden sich zunächst für die Familie, Barbara schwört sogar der Hexerei ab. Bernhard merkt bald, dass es durchaus praktisch war, eine Hexe zur Frau zu haben und glücklicherweise kann Barbara letzlich wieder zu einer werden. So wird die ursprüngliche Entscheidung gegen die Hexerei im Nachhinein relativiert und innerhalb der Filmhandlung als Fehlentscheidung angesehen. Nicht logisch ist allerdings, dass eine Abschwörung einerseits für immer sein soll, es andererseits am Ende kein Problem darstellt, Barbara ihre Hexkraft zurückzugeben.

Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (2)Abb. 2: Barbara und Bernhard in der Küche. Screenshot aus Bibi Blocksberg (2002). Constantin Film.

Ein anderes Familienmodell wird in der Nebenhandlung des Films aufgezeigt. Florian lebt bei seinem alleinerziehenden Vater Tom (Christian Nickel), doch taucht im Laufe des Filmes seine Mutter Annalena (Jeanette Hain) auf, die ihn und seinen Vater vor vielen Jahren verlassen hat. Am Ende entschließt sich Florian spontan, für ein Jahr mit seiner Mutter nach Amerika zu gehen, sodass Bibi sich von ihrem besten Freund trennen muss. Diese Auflösung der Nebenhandlung verleiht dem eigentlich Happy End des Films eine bittersüße Note.

Der erwachsene Cast des Films setzt sich aus hochkarätigen Schauspieler:innen des deutschen Films zusammen, die allesamt auch im gelungenen zweiten Teil Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen (2004) mitspielen. Katja Riemann und Ulrich Noethen wirken glaubwürdig als Ehepaar und harmonieren gut mit Sidonie von Krosigk als Filmtochter. Corinna Harfouch gelingt es, Rabia als furchterregende und gleichzeitig nachvollziehbare Bösewichtin darzustellen und Monica Bleibtreu brilliert als ehrfurchtsgebietendes Oberhaupt der Hexokratie mit mütterlichen Zügen. Auch die Jungdarsteller:innen machen ihre Sache überzeugend und füllen ihre Rollen authentisch aus. Liebenswert ist auf Ebene der Charaktere, dass Bibi eine Heldin ist, die einerseits noch sehr kindlich ist – sie schläft nach einem Albtraum bei den Eltern, sie hat Kuscheltiere im Bett und Puppen im Zimmer, sie sagt "Mami" und "Papi" zu ihren Eltern – sich andererseits in Unabhängigkeit versucht – sie zieht kurzzeitig aus (ins Gartenhäuschen) und besteht aufregende Abenteuer. Dies führt dazu, dass sich sowohl jüngere Kinder mit ihr identifizieren können, als auch etwas Ältere.

Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (3)Abb. 3: Bibi und Florian. Screenshot aus Bibi Blocksberg (2002). Constantin Film.

Im Vergleich zu Detlev Bucks Bibi & Tina (2014) sticht heraus, dass Bibi Blocksberg der kindlichen Zielgruppe auf Augenhöhe begegnet und diese wertschätzt, was sich unter anderem dadurch zeigt, dass der Humor des Films nie über die Köpfe der Kinder hinweg funktioniert. Bibi & Tina hingegen ist diffus in seiner Zielgruppenorientierung: Die Hauptdarstellerinnen sind für eine gelungene Identifikation von Seiten kindlicher Zuschauenden eigentlich zu alt und für Jugendliche ist der Film wiederum zu kindisch. Hinzu kommt die höchst problematische Sexualisierung der Jungdarstellerinnen in den Bibi&Tina-Filmen, welche auch Bibi-Erfinderin Elfie Donnelly, die im Übrigen am Drehbuch des Bibi-Blocksberg-Films beteiligt war, als "sehr bedenklich"[1]empfindet.

Fazit

Die seinerzeit innovativen Spezialeffekte des Films sind zwar ein wenig eingestaubt, ähnlich wie bei den frühen Harry-Potter-Filmen, doch tut dies dem Charme der Geschichte keinen Abbruch, da diese nicht von den Effekten lebt, sondern viel mehr von den zwischenmenschlichen Beziehungen und Begebenheiten. Der Film hat zwar, gerade im letzten Akt, sehr spannende Szenen, endet jedoch gut und besticht immer wieder durch eine Prise Humor, auflockernde Gesangseinlagen und Alltagsidylle. Daher sei er ab 6 Jahren zum gemeinsamen Schauen in der Familie empfohlen und zum alleine Schauen ab 8.

[1] Bähr, Alina (2019): Bibi-Blocksberg-Erfinderin Donnelly kritisiert Übersexualisierung der Figur. In watson.de, 17. Dezember 2019. URL:https://www.watson.de/unterhaltung/interview/361804662-bibi-blocksberg-erfinderin-kritisiert-sexualisierung-bibi-hatte-keine-brueste

Titel: Bibi Blocksberg

Regie:

  • Name: Hermine Huntgeburth

Originalsprache: Deutsch

Drehbuch:

  • Name: Elfie Donnelly
  • Name: Henriette Pieper

Erscheinungsjahr: 2002

Dauer (Minuten): 102

Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre

FSK: 0 Jahre

Format: Kino

Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (4)

Carla Velasco Sieker: Bibi Blocksberg. In: KinderundJugendmedien.de. Erstveröffentlichung: 27.03.2023. (Zuletzt aktualisiert am: 28.10.2023). URL: https://www.kinderundjugendmedien.de/kritik/filmkritiken/6716-bibi-blocksberg-hermine-huntgeburth-2002. Zugriffsdatum: 29.11.2024.

Bibi Blocksberg (Hermine Huntgeburth, 2002) (2024)

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